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KAPITEL EINS
LÜBARS

Der sanfte Wind durchwandert die ebene grüne Fläche, lässt das Schilf am Fließ leise vor sich hin rascheln und bewegt die Blätter der Bäume. Ein Duft nach Gras weht herüber. Im Hintergrund grasen die Pferde. Hähne krähen, ein Hund bellt und ansonsten ist es still.

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Der sanfte Wind durchwandert die ebene grüne Fläche, lässt das Schilf am Fließ leise vor sich hin rascheln und bewegt die Blätter der Bäume. Ein Duft nach Gras weht herüber. Im Hintergrund grasen die Pferde. Hähne krähen, ein Hund bellt und ansonsten ist es still.
Friedliche Stimmung im Dorf Lübars. Hier haben Pferdestärken noch Vorfahrt, wird heute noch Landwirtschaft betrieben. Dabei gilt es als das einzige Dorf in Berlin, das nicht Dorf heißt wie etwa Zehlendorf oder Wilmersdorf, dafür aber wirklich noch ein Dorf ist.
Zugleich ist es die Wiege Reinickendorfs.
 
Der Dorfanger im Zentrum mit Dorfkirche, Schule, Feuerwehr und Kopfsteinpflaster – und drum herum die Felder. Es hat sich an der Struktur des Dorfkerns nicht viel verändert im Laufe der Jahrhunderte. Wie die Nachbardörfer wurde auch Lübars um 1230 während der deutschen Ostkolonisation gegründet. In einer Urkunde wird Lübars erstmals im Jahr 1247 erwähnt – wo es heißt, dass der Ertrag der Lübarser Bienenstöcke an das Spandauer Benediktinerinnenkloster abzuliefern sei. Und mit diesem Datum tritt Lübars quasi ins Licht der Geschichte. Doch zeugen zahlreiche archäologischen Funde von einer früheren Besiedlung. Lubas, Lubarz oder auch Liebbarsch genannt, bedeutet Lübars so etwas wie „liebes Dorf“.

Während die Bewohnerzahlen anfänglich nach oben gingen, war das Dorf Ende des 15. Jahrhunderts durch Räuberbanden, kriegerische Auseinandersetzungen und die Ausbreitung der Pest verlassen. Doch blieb das Dorf im Dreißigjährigen Krieg von Zerstörungen verschont, weil es schlichtweg zu abgelegen war. Aufwärts ging es dann erst Anfang des 18. Jahrhunderts.
Die Dorfkirche bildet das Herz des Angers. Sie entstand in den Jahren 1791-1794. Zuvor hatten die ersten Siedler wohl bereits um 1230 kurz nach der Dorfgründung eine hölzerne Kirche errichtet. Später stand an dieser Stelle eine Fachwerkkirche, die jedoch bei einem Dorfbrand im Jahr 1790 – wie auch die Häuser des Gerichtsschulzen, des Schmiedes und Hirten – zerstört wurde. Ihr Fundament blieb jedoch erhalten, und auf diesem fußt nun die heutige spätbarocke steinerne Kirche. Auf dem historischen Kirchhof an der Dorfkirche zeugen die Grabmäler von der langen Tradition der Bauernfamilien, die hier über Generationen gelebt haben und teilweise heute noch hier leben: Rathenow, Qualitz, Kühne oder Neuendorf.

Ein alter Maulbeerbaum wacht seit etwa 1750 über den Anger. Mehr als 20 dieser Laubbäume standen einmal hier – angepflanzt von König Friedrich Wilhelm I., um sich von der Einfuhr ausländischer Seide unabhängig zu machen. Sie dienten der heimischen Seidenraupenzucht und waren Grundlage der Produktion in den eigenen Spinnereien und Webereien.
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Lübars Landschaft

Östlich der Kirche steht das alte Schulhaus, das 1906 erbaut wurde. Zuvor befand sich ein eingeschossiges Fachwerkhaus mit Lehrerwohnung und einem Klassenzimmer für bis zu 20 Schüler an derselben Stelle. Auch heute noch wird das Gebäude als Schulgebäude genutzt. Direkt daneben befindet sich im 1897 erbauten Stallgebäude das Spritzenhaus, die heutige Wache der Freiwilligen Feuerwehr. Der Steigturm kam 1928 hinzu.

Im Notfall wurden die Wehrmänner anfangs mit einer Hupe, später mit einer Luftschutzsirene alarmiert. Die Pferde zum Ziehen der Motorspritze wurden dann von den Bauern bereitgestellt. Im Haus Nummer 6 praktizierte der „Do-Do“, der Dorf-Doktor Friedrich Rathenow. Er wurde in den 1960er Jahren vor allem durch seinen privaten Zoo und seinen zahmen Kaiseradler Yank bekannt.

Kürbis, Tomaten, Wassermelonen und andere gesunde Köstlichkeiten direkt vom Feld kann man auf dem Kräuterhof Lübars, Alt-Lübars 15, in jeglicher Form und Größe erstehen. „Gärtnern ist die einzige Philosophie, von der man satt wird“, steht auf einem Schild am Eingang des zum Kräuterhof gehörenden Hofladens. Hier wird das verkauft, was auf der zwei Hektar großen Fläche angebaut wird: Obst und Gemüse nach biologischen Richtlinien.

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Aber es stehen auch noch andere historische Gebäude am Dorfanger: So gehörte der Hof Alt-Lübars dem Kossäten Friedrich Wilhelm Sott. Heute befindet sich auf dem Grundstück ein Reiterhof. Das reetgedeckte Hirtenhaus in Alt-Lübars 22 war zwischenzeitlich Armenhaus und Heim der Hitlerjungend.

Dorfkrug und LabSaal sind auch heute noch Adressen für Kulinarik und Kultur: Der Tanz- und Veranstaltungssaal entstand 1896, und Berliner kamen mit ihren Pferdekutschen aus der Stadt, um hier zu feiern und sogar italienische Shows mit Tieren zu sehen.
Später diente der Saal als Lager für Flugzeugmotoren und als Fortuna-Filmtheater. Seit 1983 betreibt der Verein Natur und Kultur e.V. den Saal. Den Dorfkrug nebenan gab es bereits im Mittelalter – er wurde erstmals im Landbuch von Kaiser Karl IV. erwähnt. Man sollte sich hier eine Verschnaufpause bei einer guten Mahlzeit gönnen. Der erste Wirt, Bauer Matthias Rathenow, wird erstmals 1590 urkundlich erwähnt. Das Gebäude heute wurde 1896 im Gründerzeitstil errichtet, nachdem das ehemalige Kruggebäude einem Feuer zum Opfer fiel. In der Zeit vor dem I. Weltkrieg hielt der Fortschritt Einzug: Lübars wurde mit Gasanschlüssen, Elektrizität und Wasserleitungen ausgestattet und an die Kanalisation angeschlossen.

Hinter dem Dorfanger war die Grenze und dahinter lag die DDR. Es war quasi das Ende der Westberliner Welt. Heute ist es, eingebettet ins Fließ und die Felder drum herum ein Naherholungsort – perfekt für Spaziergänge oder Radtouren und zur anschließenden Einkehr.

Heute wird im Dorf immer noch Landwirtschaft betrieben. Lübars ist ein beliebtes Ausflugsziel – nicht nur für Spaziergänge über den historischen Dorfanger und an den Pferdeweiden vorbei, sondern auch für kulturelle Veranstaltungen im LabSaal.

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Alt-Lübars um 1930
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Hauptstraße in Alt-Lübars 1935
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